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Taare Zameen Par

Regie: Aamir Khan
Musik: Shankar-Ehsa­an-Loy
Dar­stel­ler: Dar­s­heel Safa­ry, Aamir Khan, Tis­ca Cho­pra, Tanay Chhe­da, Vipin Shar­ma, Giri­ja Oak, M. K. Raina
Län­ge: 156 Min.
Im Kino: 2007
Alter: ab 6
Bewer­tung: ★★★★★
For­mat: Ori­gi­nal DVD

 

Die Fami­lie Awas­thi lebt in Mum­bay, sie ist eine typi­sche indi­sche Mit­tel­stands­fa­mi­lie: Die Mut­ter Maya (Tis­ca Cho­pra) gibt die Berufs­kar­rie­re auf, führt den Haus­halt und küm­mert sich um die bei­den Kna­ben, der Vater Nandkishore Awas­thi (Vipin Shar­ma) ist Geschäfts­mann, arbei­tet hart und ist wenig zu Hau­se. Sein Wunsch und Ziel: Ein biss­chen mehr Wohl­stand im wirt­schaft­lich boo­men­den Indi­en. Der älte­re der bei­den Buben, Yohan (Sachet Engi­neer) ist ein wah­rer Mus­ter­kna­be, artig daheim und der bes­te in der Schu­le. Und da ist noch Isha­an (Dar­s­heel Safa­ry), das Sor­gen­kind der Fami­lie: Offen­sicht­lich zurück­ge­blie­ben, ver­träumt und eine abso­lu­te Nie­te in der Schu­le. Ab und zu kriegt er von den Nach­bars­kin­dern aufs Dach, kann aber auch ganz schön aus­tei­len. Die ein­zi­gen Sachen, die ihm Spass zu machen schei­nen sind den Clown spie­len, zeich­nen und malen. Als er die Schu­le schwänzt und eine Ent­schul­di­gung fälscht, droht ihm die zwei­te Wie­der­ho­lung der drit­ten Klas­se. Soweit lässt es Papa Awas­thi aber nicht kom­men, das ist dann doch zu viel der Schan­de, er schickt Isha­an in ein Inter­nat. Noch nie län­ger als ein paar Stun­den fort von daheim, der Mut­ter, dem Bru­der, bricht für Isha­an eine Welt zusam­men: Allein im Inter­nat! Zudem ist das Inter­nat auch kei­ne Wohl­fühl­oa­se, da wird viel mehr Wert gelegt auf Drill und Dis­zi­plin. Isha­an geht es schlecht, er ver­stummt und hört sogar auf zu zeich­nen und zu malen. Etwa zur glei­chen Zeit erhält das Inter­nat einen Aus­hilfs­leh­rer für das Fach Kunst und Ram Shankar Nik­umbh (Aamir Khan) fällt rasch auf, dass mit Isha­an etwas nicht stimmt. Erschüt­tert stellt er fest, dass der acht­jäh­ri­ge ver­mut­lich an Leg­asthe­nie lei­det, einer schwe­ren Lese- und Schreib­schwä­che. Gedul­dig ver­sucht er mit Zusatz­stun­den, ihm Lesen und Schrei­ben bei­zu­brin­gen und ent­deckt neben­bei das gros­se Zei­chen-Talent von Isha­an. Kurz vor den Som­mer­fe­ri­en orga­ni­siert er einen gros­sen Mal- und Zei­chen­wett­be­werb für das gan­ze Inter­nat, an dem auch Isha­an nach lan­gem Zögern teilnimmt.

Aus­nahms­wei­se zuerst die Kri­tik: Mag sein, dass sich das indi­sche Schul­sys­tem stark von unse­rem unter­schei­det, aber des­sen Dar­stel­lung ist doch arg schwarz/weiss gera­ten («Malt gera­de Lini­en, sonst bekommt ihr fünf Schlä­ge auf die Fin­ger­knö­chel»), die Cha­rak­te­re der Leh­rer sind sehr holz­schnitt­ar­tig und for­mel­haft gezeich­net, die Stär­ken des Films lie­gen nicht in der Hin­ter­fra­gung der päd­ago­gi­schen Mass­nah­men. Zudem wirkt der zwei­te Teil der Hand­lung manch­mal eine klit­ze­klei­ne Spur lang­at­mig, da die Clow­ne­rei­en von Isha­an wegfallen.

So, und jetzt das Erfreu­li­che: Spon­tan kommt mir kein Film in den Sinn, in dem ein Jugend­dar­stel­ler (11 Jäh­rig!) eine der­mas­sen tra­gen­de Rol­le spie­len muss und kann. Und wirk­lich das vol­le Pro­gramm von Blö­del-Komik über Wut­an­fäl­le bis zu Depres­sio­nen bringt hier Dar­s­heel Safa­ry, der natür­lich ein paar Prei­se für sei­ne Leis­tung erhal­ten hat. Neben ihm ver­blas­sen die ande­ren Schau­spie­ler, nicht zuletzt halt auch, weil das Dreh­buch die Figu­ren ein­fach hält, kei­ne gros­sen schau­spie­le­ri­schen Tief­gän­ge. Auch Aamir Khan hält sich zurück, tritt erst in der zwei­ten Hälf­te des Fil­mes auf. Er ist bei Taa­re Zame­en Par ja nicht nur Actor, der Film ist auch sei­ne ers­te Regie­ar­beit: Shabash (Gra­tu­la­ti­on)! Ein wei­te­rer Plus­punkt des Films ist die Schlicht­heit, denn er will nicht mehr dar­stel­len als er tat­säch­lich ist: Ein flam­men­des Plä­doy­er für die Akzep­tanz von Aus­sen­sei­tern und die Kri­tik am indi­schen Schul­sys­tem (sie­he auch 3 Idi­ots und Aar­aks­han). Die Musik des Tri­os Shankar-Ehsa­an-Loy vari­iert stark von rockig bis dezent-sen­ti­men­tal und sind ein paar mal visu­ell unter­stützt durch wit­zi­ge Cartoon-Sequenzen.

Ich habe Taa­re Zame­en Par schon ein paar mal gese­hen und wer­de ihn noch ein paar mal sehen. In dem Film sind halt so vie­le Ele­men­te des indi­schen Fil­mes drin, die wir Bol­ly­wood-Fans lie­ben: Ein­fa­che (aber nicht simp­le!) Sto­ry, Musik, Dar­stel­ler, die wir mögen und ein Film-Ende, bei dem feuch­te Augen und ein paar Seuf­zer garan­tiert sind.